Motivation, 4. These: Es kommt auf die Struktur an

Die Crux mit den Inhaltsmodellen

Die im vergangenen Teil der Serie besprochenen Inhaltsmodelle der Motivation passen zunächst einmal zu Alltagserfahrung der Menschen. Doch dabei bleiben Fragen offen: Wenn es derInhalt wäre, der uns motiviert, warum arbeiten so viele Menschen erst auf den letzten Drücker? Nehmen wir zum Beispiel einen Teenager, der sein (die ihr) Zimmer aufräumen soll. In einem Inhaltsmodell gibt es zwei Möglichkeiten:

  1. Aufräumen ist nicht motivierend. Dann ist das Aufschieben einfach zu erklären, doch es ist kaum zu erklären, wie er/sie am Ende doch ins Handeln kommt und aufräumt.
  2. Aufräumen ist motivierend. Doch warum handelt er/sie dann nicht sofort?

Es scheint noch einen weiteren Aspekt in der Motivation zu geben, der über den Inhalt hinaus geht, wir wollen ihn für den Augenblick „die Struktur“ nennen.

Eine Struktur der Motivation

Eine erste Erklärung bietet eine Unterscheidung zwischen „auf etwas hin“ und „von etwas weg„.

Es gibt Menschen, die die Vorstellung eines aufgeräumten Zimmers extrem attraktiv finden und aus dieser Vorstellung heraus sofort ins Handeln kommen. Diese Menschen arbeiten auf das aufgeräumte Zimmer hin, und normalerweise hören sie erst auf, wenn das Zimmer ihren Vorstellungen entspricht.

Anderen Menschen ist so eine Vision nicht wichtig. Sie tolerieren die mehr oder weniger ausgeprägte Ordnung im Zimmer bis zu einem gewissen Grad, irgendwann wird die Unordnung so unangenehm, dass sie anfangenvon der Unordnung weg zu arbeiten. Oft erreichen sie einen Zustand, der „gut genug“ ist und beenden die Aktion dann. Bei Teenagern läuft dieses Progamm auch oft, um eine Sanktion durch die Eltern zu vermeiden, auch „weg…von“ Sanktion entspricht dieser Struktur, ebenso wie „hin…zu“ Belohnung.

(Übrigens, wer gut aufgepasst hat, erkennt hier die Motivatoren und Hygienefaktoren aus These 2 wieder.)

Viele Struktur-Elemente, einige Gemeinsamkeiten

Es gibt viele solcher Strukturen, wir untersuchen einige davon gleich noch einmal mit etwas mehr Detail. Allen gemeinsam ist:

  1. Das alles ist abhängig vom Kontext, doch im Kontext sind die Muster bemerkenswert stabil. Ein guter Freund von mir ist ein hervorragender Manager. Im Job weiß er ganz genau, was zu tun ist, und zu Hause fragt er bei jeder Kleinigkeit seine Frau. (siehe unten unter „internal / external“)
  2. Keines der Muster ist an sich gut oder schlecht, es gibt Aufgaben, die besser zu dem einen oder anderen Muster passen: Ein Verkäufer sollte zum Beispiel eine ausgeprägte „hin…zu“-Motivation mitbringen („hin…zu Abschluss“), ein Lektor sollte eher eine „weg…von“-Struktur leben („weg…von Fehler“).
  3. Kaum einer ist „schwarz“ oder „weiß“, ganz am einen oder anderen Ende der Skala.
  4. Es handelt sich um Stress-Muster: Je entspannter der Mensch, umso einfacher ist das ganze Verhaltens-Spektrum erreichbar.

Weitere Motivations-Strukturen

Internal / external“ wurde oben schon erwähnt: Sind die Kriterien „in Ihnen“, oder sind sie „außen“? Wenn Sie beim Kleiderkaufen aus der Umkleidekabine kommen, haben Sie eine Meinung bevor oder nachdem Sie die Antwort auf die Frage „gefällt es Dir?“ gehört haben?

Wenn sie Input von außen bekommen, folgen Sie dem Rat anderer, oder tun Sie eher das Gegenteil? Hier sind wir wieder bei dem Teenager-Beispiel. Viele Teenager haben ausgeprägte Trotz-Reaktionen, und viele Menschen legen das mit dem Erwachsenwerden nicht ab. Eine Formulierung wie „Ich habe Deiner Mutter schon gesagt, dass Du es auch heute nicht schaffen wirst, aufzuräumen…“ kann ganz bemerkenswerte Ergebnisse erzielen. „Gleichbeispielsortieren“ und „Gegenbeispielsortieren“ heissen diese Muster.

„Herr Müller braucht das heute abend, damit er morgen sinnvoll arbeiten kann“, und „Das Dokument muss um 17:00 fertig sein“: Auf welchen dieser beiden Sätze reagieren Sie intensiver? Steht für Sie die Person im Vordergrund, oder die Aufgabe?

„Wie war der letzte Urlaub?“… Manche Menschen antworten „Schön.“ Und auf mehrfaches Nachfragen: „Griechenland ist einfach toll.“ Andere fangen an mit: „Oh wir hatten so einen Stress… das fing schon an, bevor wir überhaupt am Flughafen waren. Erinnerst Du Dich, ich bin doch an meinem letzten Tag im Büro zehn Minuten früher gegangen, damit ich den Bus um 16:55 noch erwische. Da hat mich die Frau Meier vom Empfang noch gefragt, … … …“ und ich denke noch“… das kann dauern…“ Fest steht: Manche Menschen lieben Details, andere Menschen den Überblick.

Ausblick

Es gibt noch etliche mehr dieser Strukturen, doch für eine Einführung sollen diese fünf genügen. Gerade im Coaching habe ich schon oft erlebt, dass der behutsame Umgang mit diesen Mustern Türen öffnen und Menschen bewegen kann jenseits dem, was wir uns im ersten Moment vorgestellt hatten. Darum nutze ich dieses Denken über Strukturen sehr häufig im Coaching.

Doch am Ende ist – für mich – die zentrale Aussage zum Thema Motivation nach wie vor: Motivation ist subjektiv.

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