Motivation, 2. These: Verstärker und Hindernisse sind unabhängig voneinander

Vielen fällt beim Stichwort „Motivation“ als erstes die „Zwei-Faktoren-Theorie“ von Herzberg ein. Ihr Kern ist die These, dass Motivationsverstärker und Motivationshindernisse unabhängig voneinander sind.

Ein praktisches Beispiel

Angenommen, jemand konzipiert ein neues Bürogebäude und vergisst dabei die Toiletten. Wie wirkt sich das auf die Motivation aus? Oberflächlich betrachtet passieren seltsame Dinge in den umliegenden öffentlichen Toiletten. Wer genauer hinsieht erkennt, dass die Arbeitskräfte in diesem Büro ziemlich genervt sind. Ein Motivationshindernis ist eingetreten. Nach einer Umbauphase stehen pro 20 Mitarbeiter eine Toilette zur Verfügung, das Motivationshindernis ist entfernt.

Würde es einen Unterschied in der Motivation machen, wenn jeder Mitarbeiter seine eigene Toilette hätte? – Es wäre machbar, ändert aber normalerweise weder die Motivation noch die Arbeitsleistung. Es gibt so etwas wie „genug Toiletten“.

Umgekehrt kann man z.B. von Lob nie zu viel bekommen, wenigstens so lange das Lob authentisch wahrgenommen wird. Es scheint also Elemente im Berufsleben zu geben, von denen es „kein zu viel“ gibt. Obwohl viele Mitarbeiter in der Praxis mit sehr wenig oder ganz ohne Lob auskommen, führt doch jedes weitere authentische Lob zu einer deutlich stärkeren Motivation: Lob ist also ein Motivationsverstärker.

Die Zwei-Faktoren-Theorie von Herzberg

Das ist der Kern der Zwei-Faktoren- Theorie: Was motiviert zerfällt in zwei große Klassen: „Hygienefaktoren“, die die Motivation bremsen, und „Motivatoren“, die die Motivation verstärken. Herzberg beobachtete, dass die Motivatoren typischerweise aus der Tätigkeit selbst entspringen, während die Hygiene-Faktoren von außen gegebene Bedingungen (KITA-Faktoren, Kick-In-The-Ass-Faktoren – typische Zuckerbrot-und-Peitsche-Führung) waren.

Insbesondere gilt für Herzberg Bezahlung als Hygienefaktor: Der positive Effekt einer Gehaltserhöhung auf die Motivation klingt schnell ab, doch der Frust über die Vermutung, unterbezahlt zu sein, kann ein erhebliches Motivationshindernis sein.

Damit können vier Situationen entstehen:

  • Die Motivation ist gut, und wir erleben keine relevanten Motivationshindernisse –> Hochleistung
  • Die Motivation ist schlecht, und wir erleben keine relevanten Motivationshindernisse –> Söldner-Mentalität
  • Die Motivation ist schlecht, und die Motivationshürden sind groß –> Lethargie
  • Die Motivation ist gut, und die Motivationshürden sind groß –> Frust

Obwohl die akademische Welt sich inzwischen weiterentwickelt hat und wesentlich detailliertere und präzisere Modelle vorliegen, ist für mich diese Erkenntnis aus der Zwei-Faktor-Theorie ständig praktisch relevant: Sowohl Motivationshindernisse als auch Motivationsverstärker verdienen ständige Aufmerksamkeit.

Motivation, 1. These: Motivation ist subjektiv

Auf vielfachen Wunsch nehmen wir uns in den nächsten Garagengesprächen das Thema „Motivation“ vor. Da das Thema schon in bemerkenswerter Vielfalt erforscht ist, biete ich hier einen Einstieg zur Motivation an, wie ich „Motivation“ in der Arbeit als Coach und Trainer einsetze.

Zunächst ist Motivation für mich ein Thema, das höchst subjektiv ist.

Natürlich gibt es viele hervorragende Wissenschaftler und viele wissenschaftlich fundierte Arbeiten zum Thema. Doch eine wissenschaftlich-objektive Aussage wie „78% der Befragten begannen nach Input X, zu handeln“ ist für das Coaching praktisch wenig hilfreich. Ich stehe einer konkreten Person gegenüber, nicht einer statistischen  Gesamtheit. Mich interessiert, ob diese konkrete Person ins Handeln kommt oder nicht, also ist für mich als Coach (und sicher genauso für eine Führungskraft) die individuelle Motivation viel wichtiger als die statistische.

Inzwischen bestätigt meiner Erfahrung das in der Coaching-Ausbildung Gelernte: Jeder Mensch hat für Motivation seine eigenen, wiederkehrenden Muster. Diese Muster können nicht ohne weiteres auf andere übertragen werden. Gleichzeitig sind die Motivationsmuster für diese Person charakteristisch, für diese Person „funktionieren“ sie sehr zuverlässig.

 

„Manager werden“ gegen eine Karriere-Sackgasse?

Im Kontext der Frage nach der Karriere-Sackgasse für Programmierer ist in einem aktuellen Artikel von Wired Online („Why Do Some Programming Languages Live and Others Die?„) dieses Zitat interessant:

Most programmers learn three to four languages, the researchers say, but then stop. “Over time, you’d expect that as developers get older, they’d get more wisdom; they’d learn more languages,” Meyerovich says. “We’ve found that’s not true. They plateau.”

Part of the problem is that by the time they hit 35 to 40 years old, they’re often moving from hands-on coding to managing other programmers.

Das ist sicher ein Ausweg aus der Karriere-Sackgasse, doch die Geschichte mit „…often moving from hands-on coding to managing…“ passiert nur in Firmen, die selbst (noch) schnell wachsen. Ab einer gewissen Größe bildet sich etwas wie ein Karriere-Rückstau. Für jeden neuen Manager müssten etwa 5-10 neue Programmierer in die Firma kommen. Das klappt in jungen Firmen, doch spätestens wenn 1000 Programmierer in der Firma arbeiten, ist klar, dass nur noch ein Bruchteil zum Manager befördert werden kann – vor allem, weil zu diesem Zeitpunkt schon zwischen 100 und 200 Manager-Stellen besetzt sein müssen.

Dazu kommt, dass nicht jeder Programmierer tatsächlich Manager oder Projektmanager werden will (oder sollte).

Wider die Karriere-Sackgasse

Am  21. Mai hatten wir das Zwischenergebnis: “Experten sind per Default in der Sackgasse”. Hier sind – meinen Recherchen nach – mögliche Auswege. Dabei lege ich hier besonderen Wert auf Wege, die für einen Experten ohne Unterstützung von außen selbst erreichbar sind. Ausgangspunkt waren dabei vor allem Experten, die offensichtlich gegen diese Karriere-Sackgassen immun waren. Wie haben sie es gemacht?

Ein klares Karriere-Ziel

Der Ausgangspunkt für jede Überlegung zum Thema Karriere ist ein explizites, klares Ziel. Dabei ist gegen ein Ziel à la „auf dem jetzigen Niveau bis zum Ruhestand“ nichts einzuwenden, doch auch das sollte explizit sein und regelmässig mit den organisatorischen und technischen Strömungen abgeglichen werden. Die Faustregel ist: Wer noch 20 Jahre bis zum Ruhestand hat, sollte sich innerlich auf mindestens einen Technologiewechsel und mehrere Umorganisationen in der Firma einstellen.

Sehr viele Menschen hatten keine wirklich klaren Karriereziele. Woran erkenne ich nun, dass mein Karriere-Ziel klar ist? – Am einfachsten daran, dass ich mich gedanklich in das erreichte Ziel versetze und möglichst viele Elemente dieses Arbeitstages male: Wie sieht mein Büro aus? Wie sieht mein Terminkalender aus? Habe ich Besprechungen, wie sehen die Besprechungsräume aus, wer ist dabei, worum geht es? Und so weiter. (Dazu in einem anderen Blog-Eintrag mehr). Und: Wie sieht ihr ganzes Leben aus, in das dieser Karriere-Traum eingebettet ist?

Je mehr Sie wie in Tagträumen in diesen inneren Filmen schwelgen, desto klarer wird das Ziel. Doch woran erkenne ich nun, dass es nicht in eine Karriere-Sackgasse führt, sozusagen: Woran erkenne ich, dass das Ziel auch gut ist?

Das richtige Thema

Das erste Element zu einem guten Karriereziel ist das richtige Thema. Bei der Arbeit mit denjenigen Experten, die jeden Technologiewechsel für ihre Karriere nutzen, ist mir aufgefallen: Sie spezialisieren sich nicht primär auf eine Technologie, ihre Expertise besteht aus einem Tandem aus „Problem“ und „Lösung“, aus Domänenwissen und Technologie.

Einer meiner Freunde beispielsweise hat über die Jahre hinweg nacheinander mit den UI-Technologien von SAP (Dynpro), Microsoft (Visual Basic), Java (Servlets und JSP), und Ruby on Rails gearbeitet. Natürlich wurde er auch schnell ein guter Progammierer in jeder dieser Technologien. Und sein stetig wachsendes Wissen über Benutzerfreundlichkeit unabhängig von der Technologie war der Schlüssel für ihn, der ihm die Wechsel von einer Technologie zur Nächsten ermöglichte. Er ist nicht primär ein Experte in einem dieser Programmier-Frameworks, er ist primär ein Problem-Löser, der Mensch, der benutzerfreundliche Bildschirme gestaltet und sich dazu des passenden Werkzeuges bedient.

So funktioniert die Karriere-Falle: If you are a hammer, then every problem looks like a nail. Immunität gegen die Karriere-Sackgasse entsteht sozusagen aus dem genannten Tandem aus Problem und Lösung.

Inzwischen hat auch die Fachliteratur das Thema be- und ergriffen und bietet Bücher an wie „7 Wochen, 7 Sprachen“ oder „Seven Databases in Seven Weeks“ (leider noch nicht übersetzt), die diese Verbindung verstärken.

Der Hintergrund davon ist natürlich, dass die Technologie-Entwicklung wenigstens in der IT in Sprüngen verläuft: für eine konkrete Aufgabenstellung wird entweder Java verwendet oder Ruby on Rails, und diese entweder-oder-Entscheidungen verändern sich im Lauf der Zeit.

Dagegen entwickelt sich Wissen über die Aufgabenstellung viel kontinuierlicher: Da lernen wir mehr über einen weiteren Spezialfall, durchschauen mehr und mehr Zusammenhänge und finden neue Worte für alte Antworten auf bekannte Fragen.

Das betrifft auch den Kommentar zum Blog-Post vom 21. Mai. Oliver Wildenstein schrieb: „…bei querschnittlichen Themen wie Prozessmanagement, Zeitmanagement, Moderation etc. sieht die Lage meiner Meinung nach anders aus …“ – genau: Neue Erkenntnisse in diesen Themenfeldern haben diesen zwingenden entweder/oder-Charakter der grundlegenden Technologie-Entscheidungen nicht. Allerdings sind Zeitmanagement und Moderation normalerweise Fähigkeiten, die eine Spezialisierung ergänzen, nicht ersetzen. Das wirft die Frage auf: Womit kann ich meine fachliche Expertise noch ergänzen?

Experte++

Wir haben so weit festgestellt, dass die Kombination aus Wissen über die Domäne mit Wissen über die Lösung eine potenzielle Karriere-Sackgasse wirksam aufbricht und neue Möglichkeiten für die Weiterentwicklung freisetzt. Was wäre noch nützlich, sowohl um eine Karriere-Sackgasse zu vermeiden als auch um dem Karriere-Ziel immer näher zu kommen?

Diese Frage war eine der inspirierendsten auf den Garagengesprächen am 21. Mai.

Die Antwort zu dieser Frage kann ich Ihnen hier nicht geben, Sie finden sie selbst in Ihrem eigenen Leben, zum Beispiel in ihrem eigenen Karriereziel, in Ihrem Alltag, und im Feedback der Menschen um Sie herum. Typische Kandidaten sind Fähigkeiten wie Zeitmanagement, Moderation, Führen und Überzeugen ebenso wie Zuhören, Analysieren ebenso wie Präsentieren und so weiter.

Natürlich gehört auch ihr persönliches Netzwerk dazu: auf eine ganz natürliche Weise treffen Sie sich ständig mit Menschen, die ihr heutiges Interesse teilen. Angenommen, das Leben Ihrer Träume enthält einen lange vernachlässigten Sport wie zum Beispiel Golf oder Schach. Was würde wohl passieren, wenn Sie sich gezielt mit mehr Menschen umgeben, die diesen Sport schätzen?

Einladung: Garagengespräche am 9. Juli in Heidelberg

Das Thema: „Motivation: wie motivieren wir zum Denken?“

Das Thema „Motivation“ ist vielschichtig, doch gerade für die intellektuelle Arbeit ist Motivation der Treibstoff, ohne den nichts geht. Wir hatten das Thema „Motivation“ in der Vergangenheit schon mehrfach gestreift und wollen es im Juli gründlich beleuchten.

Der interessanteste Aspekt des Themas „Motivation“ ist sicher, wie wir Menschen zum Denken motivieren können, oder ob Jethro Tull recht hat: „I can make you feel, but I can’t make you think.“ Ich freue mich am meisten auf Beiträge aus der eigenen Erfahrung. Natürlich ist das Thema „Motivation“ im Allgemeinen schon ausführlich erforscht und auch für mich im Coaching alltäglich präsent. Darum biete ich zur Vorbereitung Blog-Artikel zum Thema an, zum Beispiel „1. These: Motivation ist subjektiv„.

Logistik: Wann, wo usw.

Das nächste Garagengespräch findet am 9. Juli bei Hugo Wine & Dine in Heidelberg statt.

Wann Am 9. Juli, Beginn: 20:00
Wo Hugo Wine & Dine, Heidelberg
Parkmöglichkeiten Tiefgarage P1 (Poststraße 7, Luftlinie ~500m); Friedrich-Ebert-Platz (~800m LL); Darmstädter Hof (Einfahrt Sofienstr., ~800m LL)
Thema Motivation
Was Garagengespräch: Community entwickeln und Erfahrungsaustausch

Jeder ist herzlich eingeladen, wir freuen uns über Empfehlungen.

Falls Sie teilnehmen werden, schicken Sie bitte eine Email an garage@brillianteams.com. Sie können sich auch auf der Platfform XING anmelden.