Zusammenfassung: Garagengespräche vom 21. November

Das Garagengespräch vom 21. November 2011 war ein voller Erfolg. Unter der Überschrift „Positive Fehlerkultur“ führten alle Beteiligten eine engagierte Diskussion. Hier sind die – subjektiv – wichtigsten Ergebnisse und Erkenntnisse noch einmal zusammengefasst:

Ergebnisse, Erkenntnisse

Zunächst: Die Diskussion war natürlich durch das Thema auf Fehler fokussiert. Damit ist dieser Diskussionsbeitrag besonders wichtig:

Wir hängen nicht von Fehlern ab, um zu lernen. Wir können auch aus Erfolgen lernen.

Was ist überhaupt ein „Fehler“?

Wir hatten bewusst keine Definition von „Fehler“ vorgegeben. Hier sind interessante Anregungen, womit wir es überhaupt zu tun haben:

  • „Fehler“ geschehen immer in einem Kontext. Da es nie zweimal den gleichen Kontext gibt, können wir sowieso nie zweimal den gleichen Fehler machen.
  • Der Begriff des „Fehlers“ hat immer einen Vergangenheitsbezug
  • Fehler haben immer einen Bezug zu Entscheidungen.

Bezug zu Entscheidungen

Fehler haben immer etwas mit Entscheidungen zu tun. Eine häufige Quelle von Stillstand sind also Umgebungen, in denen keine Entscheidungen getroffen werden oder das Empowerment für Entscheidungen unklar ist.

Gleichzeitig wurde mehrfach auf die Verwechslung der Entscheidung mit dem Ergebnis hingewiesen. Zum Beispiel: Am Samstag sagt der Wetterbericht 100% schönes Wetter für Sonntag voraus, also verabreden wir uns für Sonntag zum Picknick. Am Sonntag regnet es in Strömen. Die Entscheidung war also wenigstens halbwegs sorgfältig getroffen, und das Ergebnis war trotzdem nicht das Gewünschte.

War das wirklich ein Fehler? Wer jetzt denkt: Das hättet ihr doch wissen können, dass der Wetterbericht unzuverlässig ist … ihr hättet wenigstens vorbereitet sein können … ist möglicherweise genau auf dieses Phänomen hereingefallen und hat das Wissen von Sonntag auf die Entscheidung am Samstag übertragen.

Umgekehrt: Kurz vor der Veröffentlichung des Jahresberichtes einer DAX-Firma stehen alle Zeichen positiv: Die Analysten sind begeistert, die Zahlen der vergangenen Quartale waren gut. Irgendjemand verkauft „trotzdem“ vor dem Stichtag seinen gesamten Bestand. Am Tag der Veröffentlichung der Zahlen verfehlt das Unternehmen die hochgesteckten Erwartungen, die Aktie bricht ein. Die Entscheidung war – gemessen am Kenntnisstand vor dem Stichtag – mindestens riskant, doch das Ergebnis war das Gewünschte. Ein Fehler?

Das Positiv-Beispiel: Sprachen Lernen im Ausland

Sprachen Lernen während eines Auslandsaufenthalts wurde als positiv-Beispiel genannt:

  • Jeder toleriert jeden „Fehler“ – der positive Fortschritt ist wichtiger
  • Ein Sprach-Urlauber wird mit niemandem sonst verglichen, es zählt nur heute besser zu sein als gestern und morgen besser als heute
  • Der Umgang mit einem Sprach-Urlauber ist sehr partnerschaftlich: Der Versuch, die Sprache zu lernen, wird anerkannt.

Ähnliches gibt es auch aus Scrum-Teams:

  • Der Umgang ist partnerschaftlich
  • Der Fortschritt steht im Vordergrund
  • Lernen (heute besser als gestern, morgen besser als heute) wird ernst genommen

Seifenkisten-Projekte

Kinder lernen beispielsweise beim Bau einer Seifenkiste den Umgang mit Werkzeug. Ob die Seifenkiste hinterher fährt oder nicht ist nicht so wichtig, und die Sicherheitsanforderungen sind wegen der geschützten Umgebung niedrig. Mit Werkzeug umgehen lernen steht im Vordergrund. Gibt es eine Möglichkeit, Mitarbeitern eine ähnlich geschützte Umgebung zu bieten, in der das Handwerkszeug risiko-arm gelernt oder verfeinert werden kann?

Sonstige Ideen-Bruchstücke

  • „Erkenntnisgewinn belohnen“ – Auch ein „Fehler“ (im Sinne von „unerwünschtes Ergebnis“) enthält einen Erkenntnisgewinn. Dieser Erkenntnisgewinn sollte, natürlich mit Augenmaß, belohnt werden. Gehandelt zu haben ist lobenswerter als fehlerfrei stillzustehen
  • „Ideen verfolgen kostet Energie – Woher kommt diese Energie?“ – Jede Idee zu verfolgen kostet zunächst Energie, gerade in der Phase in der noch nicht klar ist, ob die Idee gut oder schlecht ist. Wer ermutigt Projekte in dieser Phase?
  • „Wie viel Transparenz hilft, wie viel Transparenz schadet?“ – Fehler zu machen kann mit einem Gesichtsverlust verbunden sein. Einerseits gibt es ein berechtigtes Interesse daran, aus den Taten der Vergangenheit zu lernen, dazu müssen sie transparent sein. Anderseits kann auch die Angst vor dem Gesichtsverlust das Handeln lähmen. Reduzierte Transparenz könnte diese Lähmung überwinden.
  • „Lernen aus Fehlern bedeutet Lernen über Grenzen“ – Kinder können alles, was wir Erwachsenen seitdem gelernt haben, sind Grenzen.
  • „Stimmen Taten und Worte überein?“ – Ein potenzielles Hindernis für eine offene Lern-Kultur ist eine Lücke zwischen Worten und Taten. Wer Fehler ermutigt, aber selbst jede eigene Fehlleistung zum Erfolg umdeutet, führt de facto zu einer fehlerfeindlichen Kultur.
  • „Bezug zwischen Fehlern und Standards?“ – Früher haben Organisationen die Lehren aus vergangenen Fehlern oft als Standards formuliert. Standards haben – wie Fehler – einen Kontextbezug, und die Kontexte ändern sich immer schneller. In Umgebungen, in denen sich der Kontext weiterentwickelt hat, kann heute Standard-konformes Verhalten ein „Fehler“ sein. Eine Verschiebung der Betonung von „Standard und Arbeitsvorschrift“ hin zu „Aus- und Weiterbildung“ könnte eine Lösung sein. Gleichzeitig haben auch Standards grundsätzlich ihre Daseinsberechtigung, die Abwägung kann erst im Einzelfall getroffen werden.

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